Samstag, 25. Mai 2013

Ein ereignisreicher Wahltag

07. Dezember
Es fing damit an, dass wir um acht mit Lamisi (einer unserer Lehrerinnen) verabredet waren, um zusammen zu den Wahlen zu gehen. Sie kam ein bisschen zu spät, aber das machte nichts, wir haben uns draußen unter den Baum gesetzt, nachdem uns fertig gemacht hatten. Es war irgendwie ganz ruhig (Janina nannte es die „Ruhe vor dem Sturm“, und damit hatte sie absolut Recht!) und mir kam es vor, wie Urlaub, weil alle frei hatten und so viel Besuch da war. Die Temperatur im Schatten war gerade richtig, es war ein bisschen wie Sommer in Deutschland. :)
Als Lamisi dann kam, sind wir auch direkt los zum „Wahllokal“. Ihres war an der Polizeistation. Als wir ankamen, standen da schon ganz viele Leute in einer Schlange. Wir haben uns erstmal auf eine Stufe vor das Gebäude gesetzt. Überall liefen Leute rum und wir haben einen Mann getroffen, dem wir gestern schon bei Charity Zuhause getroffen haben. Er dachte, wir würden ihn nicht wiedererkennen, haben wir aber doch. :) Sein Name ist Francis und er wohnt eigentlich in Wenchi. Er hat an dem Tag, als wir dort im Gottesdienst waren, Keyboard gespielt und konnte sich noch daran erinnern, dass Daniel Geburtstag hatte! :D Die Welt ist klein.
Lamisi hat sich nach ner Weile auch in die Schlange gestellt, aber es hat sich voll gezogen! Als sie nach sehr langer Zeit ungefähr bei 1/3 angekommen ist, hat sie die Schlange verlassen und sich zu uns gesellt. Später, als ihr Platz fast bis ganz vorne vorgerückt war, hat sie sich wieder dort angestellt. Wir haben zugesehen, wie sie zuerst eine Karte gezeigt hat, die sie als wahlberechtigt ausweist. Dann musste sie ihren Fingerabdruck verifizieren lassen und danach ihren kleinen Finger in eine Tintendose tunken. Diese ganzen Vorsichtsmaßnahmen sind wohl nötig, weil in der Vergangenheit immer wieder geschummelt wurde. Später habe ich im Radio gehört, dass es wohl vielerorts Probleme gab mit den Maschinen, die die Fingerabdrücke verifizieren und dass deshalb einige gar nicht wählen konnten! Oh Mann.
Jedenfalls hat Lamisi danach den ersten Wahlzettel bekommen, der für die Parlamentswahl war. Den hat sie hinter einem Pappkarton, der mit großen Steinen aufgestellt war (die Wahlkabine), ausgefüllt. Die Wahlen werden durch einen Fingerabdruck abgegeben, wie Janina und ich gestern im Fernsehen gesehen haben. Nachdem sie den Zettel in die passende Urne gesteckt hat, kam die Präsidentschaftswahl dran.
Als sie alles hinter sich gebracht hat, sind wir mit ihr in die Stadt gegangen. Sie wollte sich nämlich noch die Haare machen lassen und wir hatten ja nichts zu tun und wollten das uns gerne mit ansehen. Unterwegs sind wir einer Frau begegnet, die süßes Gebäck verkauft hat. Ich wollte mir welches holen, aber Lamisi hat uns welche ausgegeben. Superlecker! Wir haben noch John's Schwester (der, der uns am Anfang durchs Dorf geführt hat) getroffen, die wir ganz am Anfang schonmal kennengelernt haben und haben einen kleinen Zwischenstopp in ihrem Laden gemacht (sie verkauft Haare und Pflegemittel). Dort haben wir Wasser getrunken und sind dann weiter zu Lamisis Friseurin. Dort wurde gerade noch eine andere Frau frisiert. Wir haben uns dazu gesetzt und zugesehen. Die einzelnen Haarteile wurden richtig an die Kopfhaut angenäht, wo die echten Haare schon vorher drangeflochten waren. Sah sehr witzig aus.^^ Danach war noch eine andere Frau dran, aber wir waren das ganze Sitzen leid und so sind wir erstmal wieder gegangen, weil Lamisi meinte, wir müssen Pito probieren. Das ist ein typisch ghanaisches alkoholisches Getränk. Also dachten wir, das müssen wir zumindest mal probiert haben. Wir sind in einen Hof gegangen, der wie bei einem normalen Wohnhaus aussah. Da saßen aber ganz viele Menschen drin und alle hatten eine Schüssel mit Pito in der Hand. Die Schüssel sahen aus, wie die Schale von einer Frucht und die Flüssigkeit sah ein bisschen wie Bier aus. Ich glaube, Pito ist auch so etwas ähnliches wie Bier. Wir haben uns hingesetzt und auch eine Schüssel gekriegt. Das schmeckte aber nicht so lecker, ziemlich sauer. Lamisi sagt, dass sie eigentlich die nichtalkoholische Variante wollte, die süß schmeckt, aber die war wohl alle. Müssen wir also ein andern Mal probieren. Danach sind wir noch in die Stadt zu einer Bar gegangen und Lamisi hat uns noch eine Cola spendiert. Da war es ungefähr 12 und langsam wurden wir hungrig. Wir haben ausgemacht, dass Janina und ich erstmal nach Hause gehen und Mittag essen und dann zurück zu dem Friseur gehen. Lamisi ist solange schonmal zum Friseur gegangen.
Zuhause haben wir Joloff Rice mit Spaghetti gegessen und dann haben wir uns ein bisschen ausgeruht. Janina war voll müde und hat ein bisschen geschlafen. Als ich grade am Gitarre spielen war, kam Duston rein. Er trug eine komische Brille aus Fensterglas und ich hab ihm gesagt, dass das nicht gut aussieht! :D Aber er hat gesagt, er trägt die eh nur zum Schutz gegen den Fahrtwind, weil er jetzt zurück nach Tamale fährt, Dabei hat er letztens doch noch gesagt, dass er erst Sonntag fährt! o.O Naja, er meinte, dass er morgen wieder arbeiten muss. Er hat mir verboten, Janina zu wecken, um ihm Tschüss zu sagen und dann ist er weg. Nach kurzer Zeit habe ich Janina aber doch geweckt, weil wir dann so langsam mal wieder zu Lamisi mussten. Wir haben auf dem Weg noch Duston auf seinem Moto getroffen, der gerade vom Tanken kam, so konnte Janina ihm auch noch Tschüss sagen. Den Weg zum Friseur haben wir nicht mehr ganz gefunden. Zuerst sind wir im Kreis gegangen, weil uns ein Mann einfach wieder zurück zur Hauptstraße geschickt hat. Da haben wir aber nochmal nachgefragt, und eine Frau wusste, wo der Laden ist und hat uns hingeführt. Dort saß Lamisi schon und hatte die Haare nach allen Seiten abstehen! :D Wir haben ihr gesagt, dass sie das so lassen soll, aber sie hat gelacht und gesagt, dass sie die so glatt und weich machen möchte wie unsere Haare! :D Die Friseurin hat ihr eine Creme sehr sorgfältig in die Haare geschmiert, das sah sehr lustig aus.^^ Dann musste das erstmal einwirken. Die ganze Zeit, während wir gewartet haben, kamen Leute und haben sich mit uns bzw. mit Lamisi und der Friseurin unterhalten. Das ganze fand nämlich draußen statt und war irgendwie eine gemütliche Runde. Da war auch eine Frau mit einem Baby, das ganz speckig war. Der Kleine hieß glaub ich Felix oder so ähnlich und Janina und ich haben ihn beide auf den Schoß genommen. Der hatte gar keine Angst und war so süß!
Nach einer Weile wurde Lamisi die Haare ausgewaschen und dann mit Lockenwickler aufgewickelt. Während Lockenwickler bei uns die Funktion haben, die Haare zu locken, dienen sie hier dazu, sie glatt zu machen. Damit war Lamisi erstmal fertig. Wenn ihre Haare getrocknet sind, würde sie wieder zurück kommen. Wir sind nach Hause gegangen und sie ist auch nach Hause. Aber sie meinte, wenn sie morgen Zeit hat, kommt sie vielleicht nochmal vorbei.
Linanturin kam rein und hat gesagt, dass wir Besuch von einem Lom oder Christian hätten, der draußen wartet. Ich konnte mich an niemanden mit diesem Namen erinnern und dachte, es wäre wieder einer von den unzähligen Typen, die wir irgendwann mal auf der Straße getroffen haben und die gesagt haben, dass sie uns mal besuchen kommen. Aber als ich rauskam, war es ein Typ, den wir in Tamale, wo wir übernachtet haben, getroffen haben. Er kann ein bisschen deutsch. Peinlich, dass ich seinen Namen vergessen hatte, aber es war nett, ihn wiederzusehen. Er hat ein bisschen mit mir gelabert und ich hab ihm gesagt, dass Janina am Schlafen ist. Ich habe dann noch zugesehen, wie Linanturin T.Z. gekocht hat und bin ihr ein bisschen zur Hand gegangen. Eigentlich nur beim Fleisch schneiden. Dabei hat sie mit dem Messer richtig draufgehackt, um die Knochen zu brechen. Lom sagte, dass wir ganz viel solche Sachen lernen müssen und wenn er hier wohnen würde, wären wir innerhalb von einer Woche soweit, dass wir immer für die Familie das Essen kochen! :D Dan kam und hat mir ein Wasserpäckchen gegeben. Süß, aber ich hatte gar keinen Durst. Das habe ich Linanturin auf Englisch gesagt und daraufhin hat Dan das Päckchen wieder an sich genommen und hat es zurück gebracht. Ich war ganz erstaunt, aber Linanturin hat gesagt, dass er wohl verstanden hat, was ich gesagt habe, weil er Englisch in der Schule lernt. Wow, so ein kleiner Stöpsel! :D Der ist so knuffig! Heute morgen wollte ich den Korb mit den Töpfen zurück in die Küche bringen, da kam Dan hinter mir hergerannt und hat ihn mir abgenommen und selbst in die Küche gebracht.^^
Hamilton (noch ein Sohn von Dada) kam später auch noch zu unserer kleinen „T.Z.-Runde“ dazu und Janina auch nach einer Weile. Lom musste dann irgendwann nach Jimbale, einem Nachbardorf, wo er und Dada geboren sind. Er wollte seine Familie besuchen. Hamilton meinte, dass einer von uns mitgehen sollte, um das Dorf anzusehen. Das sei wohl viel ursprünglicher als Bunkpurugu (noch mehr?!) und das „richtige“ ländliche Afrika. Janina wollte, dass ich gehe und ich hatte auch Lust drauf. So habe ich zwar das T.Z.-Machen verpasst, aber da kippt man eh nur Maismehl und heißes Wasser zusammen. :P
Hamilton hat mir einen Helm gebracht und gefragt, ob er mir noch einen Pulli geben soll. Ich habe gesagt, ist nicht nötig, weil ich selber einen habe und gefragt, wofür ich den überhaupt bei diesen Temperaturen brauche! Er meinte, dass sonst mein Oberteil so staubig wird, also habe ich noch meinen Pulli geholt und hab mich dann hinten auch Loms Moto gesetzt. Wir sind über den übelsten Trampelpfad durch die Felder gefahren und er hat mir gezeigt, aus welchen Gräsern man die Dächer macht.
Nach einer kurzen Weile kamen wir auf die Hauptstraße und dort ist uns der eine Reifen geplatzt, als wir über einen Stein gefahren sind, der wohl doch ein bisschen zu spitz gewesen ist. Da standen wir also – mitten in den Kapaten und konnten nicht weiter. Ich hatte mein Handy nicht mit und Lom hatte auf seiner MTN-Karte keine Credits mehr, nur auf der Vodafone-Karte, aber das hatte hier kein Netz... Aber zum Glück war nur ein Haus weiter so eine Art Werkstatt und Lom hat mit noch jemandem das Moto dorthin geschoben. Es stellte sich dann raus, dass der Mann in dem Haus zwar den Reifen flicken könnte, aber nicht aufpumpen, er hat nämlich nur eine Fahrradpumpe. Also haben wir uns auf den Weg zur nächsten Werkstatt gemacht, dabei das Moto geschoben. Ein Mann kam und hat uns geholfen, indem er vorsichtig mit dem Moto gefahren ist. Uns hat er sein Fahrrad überlassen und wir sind damit weitergegangen. Ein anderer Mann kam und hat gesagt, einer soll mit dem Fahrrad fahren und der andere bei ihm hinten auf dem Fahrrad mitfahren, er hatte nämlich einen Gepäckträger. Ich bin lieber selbst gefahren und Lom hat sich hinten bei dem Mann drauf gesetzt. Ich war schon misstrauisch, weil der andere Mann einfach so mit dem Moto davon gedüst ist, aber das war unberechtigt. Als wir bei der „Werkstatt“ ankamen (es war einfach ein normales Wohnhaus, wo halt der Mann wohnte, der das reparieren konnte), stand er da schon und hat uns erwartet. Das Fahrrad war ziemlich klapprig und hat immer nach links gezogen. Es war also gar nicht so einfach, damit zu fahren, vor allem bei diesen kaputten Straßen, die teilweise nur aus Sand bestehen! Aber wir haben es geschafft und Lom hat den Hut vor mir gezogen.^^ Dann wurde der Reifen geflickt und wir haben uns solange unter den Baum vorm Haus gesetzt und uns unterhalten. Lom hat mir erzählt, dass er eigentlich Yennulom heißt. Das bedeutet „Gottes Wille“ oder auch „Gott ist Liebe“. Die Geschichte dahinter ist, dass bei seiner Geburt seine Eltern Angst bekommen hätten, weil er weiße Haare hatte (seine Haut ist auch ganz hell und seine Haare jetzt hellbraun), aber sein Großvater kam und hat gesagt: „Das ist Gottes Wille!“ Deswegen haben sie ihm den Namen gegeben. Mit englischem Namen heißt er Christian oder Chris und ich hab gesagt, dass mein Bruder denselben Namen hat.^^
Die Reperatur hat ziemlich lange gedauert und als das Moto endlich fertig war, war es schon fast ganz dunkel! Wir aber trotzdem weitergefahren. Als wir in Jimbale ankamen, war es stockdunkel, weil es in dem Dorf keine Elektrizität gibt. Wir sind zuerst zu dem Haus von Lom's Onkel und Tante gefahren, aber es war niemand zuhause außer das Hausmädchen. Wir sind also weiter zu seinem Elternhaus, aber auch da war niemand da! Aber er hat mir den Raum gezeigt, in dem er geboren wurde! Der Raum ist der einzige, der seit über 20 Jahren nicht verändert wurde. Vor dem Haus hat er mir noch die Gräber von seinen Großeltern gezeigt. Da waren einfach ein großer Steinblock. Er sagte, es gibt auch Friedhöfe, aber sie wollten sie vor dem Haus begraben zur Ehrerbietung.
Als nächstes haben wir bei einer Stelle halt gemacht, wo grade die Stimmzettel ausgezählt wurden. Das schien ein Riesenspektakel zu sein, zumindest standen ganz viele Leute drumrum und das war abgesperrt. Dort haben wir Lom's Cousin Ernest getroffen. Dann gings weiter zu einer anderen Stelle, wo ausgezählt wurde. Dort war sein Bruder Sylvester mit beim Auszählen dabei. Er ist der „First-born“ und sein Spitzname ist Sly. Er hatte aber nicht viel Zeit, mit uns zu reden, weil er bei der Stimmauszählung gebraucht wurde.
Wir sind also wieder zurück. Zuerst haben wir überlegt, ob wir einen anderen Weg zurück nehmen, der zwar länger dauert, aber nicht so kaputt ist wie der Hinweg. Mir war's egal und wir haben dann den kürzeren wieder genommen. Kurz nachdem wir das Dorf verlassen haben, stand ein Mann mit seinem Moto am Straßenrand. Sein Licht ist wohl kaputt gegangen und wir sollten knapp hinter ihm herfahren um ihm zu leuchten. Ein anderer Mann wollte ihm schon seine Taschenlampe anbieten, aber ich denke, das wäre nicht die beste Lösung gewesen... Also sind wir hinter ihm hergefahren und er hat uns den ganzen Staub ins Gesicht gewirbelt.^^ Aber dafür kannte er die Straße schon und hat uns quasi auf den geschicktesten Wegen geführt.
Ungefähr an der Stelle, wo wir vorhin den Platten hatten, hat uns der andere Mann verlassen. Nach ner Weile kamen wir dann endlich Zuhause an. Janina war gerade am duschen und wir haben Dada erzählt, was wir erlebt haben. Ich bin zu Janina und hab ihr auch alles berichtet. Sie ist mit Hamilton zu den Wahlauszählungen gegangen, aber es war wohl nicht so spannend. :P
Ich habe mir die Füße gewaschen, die waren sowas von dreckig! Ich fühlte mich schon fast ein bisschen ghanaisch, so braun wie die waren! :D
Ich habe das fast kalte T.Z. gegessen und währenddessen kam Lom und hat gesagt, dass er jetzt doch zurück nach Nakpanduri fährt. Ich hab mich für den verrückten Trip bedankt und er hat gesagt, dass ich ihm deutsche Schokolade geben soll, die mag er nämlich total gerne! (Verständlich.) Er hat sich so Mühe gegeben, das auf deutsch zu sagen, dass ich ihm was von meiner Ritter Sport abgegeben habe.^^ Ich und Janina mussten dann natürlich auch noch ein Stück essen.
Am Abend habe ich noch Tagebuch geschrieben, das hat wie zu erwarten sehr lange gedauert! Ich habe nur an diesem Tag geschrieben und dafür 2 ½ Stunden gebraucht! Aber um 12 hab ich mir dann gedacht, jetzt reichts, den Rest schreibe ich morgen. :P
Und das war der 7. Dezember. Die Wahlen hat übrigens der ehemalige Präsident wieder gewonnen...

Eure Lisa
Die Schlange im "Wahllokal"

Die Wahlkabine

...und -urne

beim Frisör

Specki :D

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