Es
fing am Frankfurter Flughafen an. Als wir endlich am Check-in von
Turkish Airlines ankamen, standen da auch schon die anderen
Freiwilligen, die ich ja schon vom Vorbereitungsseminar kannte. Am
Schalter hat uns dann die Damegesagt, dass mein Ticket mit meinem
Spitznamen gebucht wurde. Wir mussten dann den Namen für 50 €
ändern (wobei mein Name danach immer noch falsch geschrieben war,
aber egal). Wir haben uns dann alle von unseren Familien
verabschiedet und sind dann durch die Kontrollen. Ich bin zum Glück
ohne Probleme durchgekommen, nichts hat gepiepst. ;)
Zusammen
haben wir dann das Gate gesucht. Im Warteraum saßen vereinzelt ein
paar Leute, aber sonst war es ziemlich leer. Wir haben uns hingesetzt
und gewartet. Tja, es stellte sich heraus, dass wir schon längst
hätten ins Flugzeug steigen können! Wir waren schon ziemlich spät
dran, also haben uns die Frauen am Schalter einfach schnell
durchgewunken. Mich konnten sie nicht boarden, was wahrscheinlich mit
der Namensänderung zu tun hatte, aber sie haben mich trotzdem
einfach durchgelassen, damit ich noch den Flug kriege.
Im
Flugzeug hatte ich zum Glück einen Fensterplatz und wir saßen alle
in einer Reihe. In Istanbul hatten wir 4 Stunden Aufenthalt, konnten
aber leider das Flughafengebäude nicht verlassen, sonst hätte ich
mir gerne noch die Stadt angesehen. So mussten wir uns halt mit der
Aussicht über die Landebahnen hinweg begnügen. Gut, dass wir in
einer Gruppe gereist sind. Ich weiß nicht, ob ich alles so
problemlos hingekriegt hätte, wenn ich allein gewesen wäre! Und die
anderen sind supernett. Die meisten kenne ich schon vom
Vorbereitungsseminar und wir verstehen uns alle gut. :)
Von
Istanbul ging es weiter nach Accra, das ist die Hauptstadt Ghanas.
Der Flug war sehr komfortabel und man hat sogar Kopfhörer,
Schlafmasken und Socken (!) usw. geschenkt bekommen! :P
Als
wir dann endlich nach 13 Stunden in Accra ankamen, waren wir alle
natürlich sehr aufgeregt! Wir betraten das erste Mal das Land, in
dem wir das gesamte nächste Jahr verbringen würden!
Bei
der Gepäckrückgabe musste ich leider feststellen, dass meine beiden
(!) Koffer verschwunden waren, ich stand also ohne Gepäck da. Von
den anderen war zum Glück alles da. Nach einigem Rumgesuche und
-gefrage habe ich dann mithilfe von Daniel Ayembilla (den die anderen
inzwischen gefunden hatten) ein Formular ausgefüllt. Daniel ist
unser „Dada“ hier, also zunächst unser Gastvater und für uns
zuständig. Er ist Pastor in Jirapa, wo das Waisenhaus von
Kinderhilfe Westafrika und Firm Lifeline Ministries steht und wo auch
einige von uns hingehen werden. Ich werde ihn im Folgenden einfach
Dada nennen, weil wir ihn auch so genannt haben. Wir haben ja auch
einen Daniel ind er Truppe und so kommt es nicht zu Verwechslungen.
Wir
sind dann mit den anderen und Elisa, einer Freiwilligen, die schon
ein Jahr hier war und jetzt für ein weiteres Jahr verlängert hat,
zu den Taxis gegangen. Die Luft draußen war ein bisschen feucht,
aber sonst war das Klima mit 26 °C an diesem Abend ganz angenehm.
Wir haben das Gepäck mehr oder weniger ordentlich in den Taxis
verstaut. Da musste halt schon mal ein Seil hinhalten um den
Kofferraum zuzukriegen!
Weiter
gings mit einer abenteuerlichen Fahrt durch die Stadt, vorbei an
Wellblechhütten, Villen hinter hohen Mauern, Werbetafeln und Palmen
bis zu dem Hotel, in dem wir diese Nacht verbringen sollten. Überall
auf dem Weg sah man Schilder mit „JESUS CARES“ oder „GHANA PRAY
FOR JOY“ oder so ähnliches. Scheinen hier alle ziemlich religiös
zu sein, was man auch daran merken konnte, dass nach der Landung
einige Frauen im Flugzeug zu singen anfingen und eine Frau laut
gebetet hat, während die Stewardess noch irgendwas von „Bitte erst
abschnallen, wenn das Flugzeug den Stillstand erreicht hat!“
geredet hat und dass sogar auf den Taxis hinten ein Jesusbildnis auf
den Scheiben klebt.
Während
der Fahrt hat der Taxifahrer natürlich laut Musik gehört, die auch
an allen Straßenecken
zu
hören war. Er beschimpfte lauthals einen anderen Taxifahrer, dem er
beinahe reingefahren wäre, weil er den Rückwärtsgang mit dem
Vorwärtsgang verwechselt hatte, fuhr rasend durch rote Ampeln und
war fast durchgängig am hupen, so wie alle Autofahrer hier. Man
könnte meinen, die hupen zum Gruß oder einfach weil es so Spaß
macht. :D Also alles ein bisschen anders als in Deutschland!
Unsere
Unterkunft für diese Nacht war sehr einfach, wir hatten leider keine
Moskitonetze, aber dafür einen Ventilator (wichtig!) im Zimmer. Und
ganz selbstverständlich einen Fernseher, der angemacht wurde, sobald
wir das Zimmer betreten hatten! :D
Am
nächsten Morgen haben wir mit Dada gefrühstückt, der sich im
Namenlernen geübt hat. Daniels Namen kann er sich natürlich gut
merken und meinen auch, weil seine Frau Elizabeth heißt. :D
Man
merkt sofort, dass hier sehr viel Wert auf Beziehungen gelegt wird.
Dada hat nach dem Namen von den Frauen, die uns bedient haben,
gefragt und mit ihnen geredet, als würden sie sich schon seit
Ewigkeiten kennen.
Nach
dem Frühstück, dass laut Daniel ganz entgegen den Traditionen mit
viel Reden verbracht wurde, sind wir auf die Zimmer gegangen und
haben uns ausgeruht. Der Schlafmangel steckte noch in unseren Knochen
und außerdem sagte Daniel, dass wir heute Abend nach Jirapa fahren
und erst morgen früh da ankämen. Wir sollten also so viel Schlaf
sammeln, wie wir könnten.
Wir
sind alle zusammen mit Dada, Elisa und noch einer Freiwilligen Essen
gegangen. Es ging erstmal ungefähr fünf Minuten durch die Stadt,
was sehr aufregend war. Hier ist alles ganz anders als in Deutschland
(natürlich)! Alles ist laut und voll und es stinkt, weil überall
Müll rumliegt. Am Straßenrand stehen ganz viele Buden, die
aussehen, als hätte sie irgendwer notdürftig zusammengezimmert. Man
kann hier wirklich alles am Straßenrand kaufen. Alle halten dir
irgendetwas unter die Nase, meistens Handys, aber auch Hosen oder
Gebäck oder Mentos oder Speicherkarten oder, oder, oder...
Ein
kleines Kind hat mit offenem Mund auf uns gezeigt. Hat scheinbar noch
nie einen Weißen gesehen. Das hat mich ein wenig gewundert, weil wir
hier ja in der Hauptstadt sind und am Flughafen verhältnismäßig
viele Weiße rumliefen. Aber ich kann mir vorstellen, dass die sich
normalerweise nicht in diese Gegend verirren. Außer wir.
Wir
wurden ständig an den Arm gefasst, vor allem wir Mädchen und uns
wurde hinterher gerufen. „White Lady“ oder sowas ähnliches und
einmal habe ich „Bruni“ verstanden, was „Weiße/r“ heißt,
das wurde uns schon auf dem Vorbereitungsseminar beigebracht.
Es
ging vorbei an den ganzen Buden über einen durch und durch
vermüllten Platz. Dann über eine Brücke, die über einen dermaßen
verdreckten Fluss führte, wie ich es noch nie gesehen habe. Es stank
wirklich widerlich und der ganze Fluss war voll mit Müll. Es lag so
ein Film auf der Wasseroberfläche und sogar ein Ziegenkadaver lag
darin. Trotzdem standen am Ufer ein paar Rinder und auf der Brücke
lagen ein paar Menschen und auch Kinder, die schliefen. Echt krass,
in was für Verhältnissen die Menschen hier leben! Auf der anderen
Seite kamen wir an eine große Straße, an der auch auf dem schmalen
Bürgersteig Buden standen. Wir gingen daran vorbei bis zu einem
kleinen Restaurant.
Es
gab verschiedene Arten von Reis und noch einiges anderes. Ich habe
mir Jollof Rice mit Salat bestellt. Der Reis war schon mit Sauce
vermischt und mit ein bisschen Gemüse. Es war sehr scharf, aber
nicht schlecht und der Salat war echt lecker. Dazu haben wir eine
Tüte mit 0,5 L Wasser bekommen. Das ist eine lustige Art zu trinken,
man muss eine Ecke mit den Zähnen abreißen und dann daraus trinken.
Man kann die Tüte dann einfach hinstellen, ohne dass sie umkippt,
wenn man es nicht gerade ungeschickt anstellt. ;)
Am
Hotel haben wir noch ein bisschen ausgeruht und sind dann mit dem
Gepäck zusammen zum Bahnhof gegangen. Überall liefen Leute rum, die
alles Mögliche auf dem Kopf trugen, was man kaufen konnte, von
Sonnenbrillenständern über Zahnbürsten, Broten, Büchern, bin hin
zu Medikamenten. Einer trug sogar einen Schuh auf dem Kopf, weil er
die verkaufte und alle machten seltsame Geräusche, um auf sich
aufmerksam zu machen. Die ganze Zeit lief Musik am Bahnhof und
irgendwo stand ein Fernseher, der einen afrikanischen Film zeigte.
Für uns wurden extra Plastikstühle aufgestellt, damit wir uns
setzen konnten. Im Nachhinein war das echt gut, weil wir ungefähr
drei Stunden auf unseren Bus gewartet haben. Die Dämmerung war nur
kurz, man guckt kurz weg und schon ist es dunkel. :D Wir haben uns
die ganze Zeit im Kreis unterhalten und haben ein süßes ghanaisches
Brot mit Rosinen gegessen, das Dada uns gebracht hatte. Das hatte
eine seltsame Konsistenz (ein bisschen wie Schaumstoff), war aber
lecker.
Als
der Bus endlich ankam, haben wir uns nach vorne gesetzt. Der Bus
hatte auch Polizeischutz, d.h. Ein Mann mit Gewehr saß vorne beim
Fahrer. Wir haben versucht, die 11 Stunden lange Fahrt über zu
schlafen, aber das war gar nicht so einfach, weil die ganze Zeit
Musik bzw. ein afrikanischer Film lief und die Straße ziemlich
kaputt war, es hat also immer geruckelt. Außerdem hat es unser
Busfahrer sich nicht nehmen lassen, bei jeder Gelegenheit zu hupen,
das war ziemlich laut.
Am
nächsten Morgen kamen wir dann in Wa an, wo wir auf Dadas ältesten
Sohn Ephraim gewartet haben, der uns von da aus nach Jirapa fahren
sollte. Wir bekamen von Dada eine Cola spendiert und haben uns am
Bahnhof wieder auf Plastikstühle gesetzt. Aufs Klo sind wir auch
gegangen, das war sehr ekelig. Die „Toiletten“ waren einfach nur
ein Betonboden, der mit Brettern und Wellblech abgetrennt war.
Natürlich stank es dementsprechend widerlich. Aber man nimmt, was
man kriegen kann. :P
Irgendwann
kam dann Ephraim und wir haben das Gepäck in das Auto gepackt. Es
passte gerade so und auch nur, wenn man noch einiges auf den Schoß
nahm. Wäre mein Gepäck auch da gewesen, hätten wir wahrscheinlich
zweimal fahren müssen. Es war ziemlich gequetscht und bei jedem
Huppel flog das Gepäck über die Rückbank. Wir sind nur auf einer
einzigen langen Straße gefahren, die durch viele Dörfer führte. In
jedem Dorf und auch oft dazwischen gab es kleine Hügel, die über
die ganze Breite der Straße gingen und vor denen man immer fast bis
zum Stillstand abbremsen musste um das Auto mehr oder weniger sanft
darüber fahren zu lassen. Es war trotzdem immer am rumpeln und
wackeln, sodass die auf der Rückbank fast von den Koffern erschlagen
wurden und diese nach jedem dieser Hügel wieder nach hinten drücken
mussten. Auf der Straße liefen ganz viele Tiere rum, Ziegen,
Schweine, Katzen und Hunde... Die sind ganz gechillt gelaufen, ohne
sich darum zu scheren, dass da grade ein Auto kam, dass sie
vielleicht töten könnte! Aber Ephraim hat immer netterweise
abgebremst und die Tiere haben es trotz ihrer afrikanischen
Entspanntheit alle überlebt. ;)
Nach
ungefähr vierzig Minuten kamen wir in Jirapa an und wurden erstmal
herzlich von Dadas Frau Elizabeth (die wir Mama nennen) willkommen
geheißen. Auch alle anderen, denen wir dort begegnet sind haben uns
„You're welcome!“ gesagt. Dada und Mama haben insgesamt vier
Söhne, aber keine Töchter. Aber die beiden sagen, dass alle
Angestellten auch zur Familie gehören und wir jetzt auch deren
Kinder sind. Also wird die Familie immer größer. :D
Wir
haben uns ins Wohnzimmer auf die Sofas gesetzt und erstmal jeder eine
Tüte Wasser bekommen. Dada hat uns erklärt, dass das so üblich
ist. Zuerst werden die Gäste begrüßt, man bittet sie, sich zu
setzen, gibt ihnen zu Trinken und dann kann man sich um alles andere
kümmern, was es zu bereden gibt.
Jetzt
waren wir also endlich angekommen aber längst noch nicht am Ende
unserer Reise. Bis wir auf die einzelnen Städte bzw. Projekte
aufgeteilt wurden, hatten wir hier in Jirapa noch ein
Einführungsseminar, wo wir noch viel Zeit mit den anderen und auch
mit der Familie verbringen konnten.
Eure
Lisa
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